Grün im Stadtraum erhöht nicht nur die Aufenthaltsqualität, sondern fördert soziale Integration und ressourcenschonendes Wirtschaften.
Heute denkt man bei „grüner Stadt“ nicht nur an Parks und andere Freizeitflächen, sondern auch an die Stadt als Garten. Augsburg hat mit seinem öffentlich zugänglichen Kräutergarten dem aktuellen Trend zum „Urban Gardening“ im Kleinen vorgegriffen. Neben den etablierten Kleingärten gibt es heute mehrere Initiativen, die gemeinschaftliches Gärtnern und Umweltpädagogik betreiben.
Wir wollen solche Ansätze gezielt fördern, weil sie – das kann man am Beispiel der ehemaligen Industriemetropole Detroit deutlich erkennen, die heute zu den wichtigsten Wegbereitern einer auf Selbstversorgung ausgerichteten urbanen Wirtschaftsweise gehört – zukunftsfähige Modelle für eine lokale Nahrungsmittelversorgung bereitstellen, aber auch noch viele weitere Effekte ermöglichen, die wir ausdrücklich begrüßen.
Zu diesen Effekten zählen wir:
Umweltaspekt
- Verbesserung des Kleinklimas bzw. des klimatischen Ausgleichs (kühlt im Sommer; im Winter sind Flächen nicht ungeschützt)
- Staubbindung
- Absorbierung von Schadstoffen
- Erhalt von Bodenressourcen und Bodenstruktur
- positive Auswirkung auf Wasserhaushalt (weniger versiegelte Flächen, Regenwasser kann nutzbringend verwendet werden und versickert nicht ungenutzt)
- Artenvielfalt in der Stadt für Pflanzen und Tiere und Biotope
- Auflockerung der Monokultur
- Erholungswert ohne Umweltbelastung, Wochenendtourismus aus der Stadt heraus wird gesenkt, Energieverbrauch wird gesenkt, die Umwelt geschont, Belastung durch Abgase und Lärm wird reduziert
- Kleingärten und Gartenprojekte als Beitrag „Grüne Lunge“
Ressourcenaspekt
- Unabhängigkeit durch (regionale) Saatguterhaltung, nicht auf Monsanto und Co. angewiesen sein, Protest gegen globalisierte Agrar-Industrie
- Selbstversorgungsgedanke, dadurch Reduzierung der Umweltbelastung (Verkehr, Pestizide)
- Energieeinsparung durch Gewächshäuser (Wegfall von Transportwegen)
- lokales Recycling (kompostierbarer Abfall: Biomüll, Laub, Äste)
- überall durchführbar: öffentliche Flächen, Dachgärten, Balkone (z.B. auch städtische!), temporär freie Flächen mit mobilen Beeten, Straßenbegleitgrünflächen
- ressourcenschonend
- solidarische Landwirtschaft und biologischer regionaler Anbau schafft lokale Arbeitsplätze und reduziert Umweltbelastungen
Sozialer Aspekt
- Grüne Stadt mit einer nachhaltigen Siedlungskultur: Wo es grün ist, wollen Menschen leben
- Menschen den Bezug zur Natur und von Kreisläufen vermitteln, der umweltpädagogische Gedanke wird gestärkt
- für jeden machbar: finanziell mit wenig Aufwand, für Kindergärten, Schulen geeignet, für Menschen mit Handicap, je nach Anlage, sind Hochbeete nutzbar (Inklusion)
- schafft kooperative Möglichkeiten verschiedener Teile der Bevölkerung (Senioren, Jugendliche und Kinder, Migranten, Arbeitslose und Workaholics etc.). Hier kann Wissen weitergeben oder neues erlernt werden
- entschleunigend, baut Herz-Kreislaufbelastungen ab und ist damit auch kostensenkend fürs Gesundheitssystem
- Gemeinschaftsgefühl stärken durch Interesse und Arbeit und Freizeit (Grillen)
- Spielmöglichkeit für Kinder
- kann zur Armutsbekämpfung benutzt werden (Beispiel Detroit), damit auch Reduzierung der Kriminalitätsrate im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang
- Stadtteilengagement
- ziviler Ungehorsam durch Guerilla Gardening
Aus all diesen Gründen wollen wir eine grüne Gartenstadt fördern und planen dafür folgende Maßnahmen:
1. Bei Baumaßnahmen muss gezielt darauf geachtet werden, ökologisch wertvolle Grünflächen bereitzustellen.
Dies soll explizit Teil der Ausschreibung sein. Dach- und Fassadenbegrünungen sollen gezielt gefördert werden, auch für Bestandsanwesen. Bei städtischen Baumaßnahmen müssen sie verpflichtend sein. Eine Anlage von reinen Rasenflächen ist abzulehnen, es sollen ökologische kleinstrukturierte Flächen mit Hecken und wertvollen Wiesen für Artenreichtum entstehen. Für die Anwohner sollen Gemeinschaftsgärten und/oder Hochbeete angeboten werden. Mit Bauherren und Hausmeisterdiensten sind die Pflegemaßnahmen genau abzustimmen. Vor allem im Bereich der Gewerbegebiete soll die Gestaltung von Grünachsen, unversiegelten Flächen und ökologischen Außenflächen gefördert werden. Bestandsflächen sollen entsiegelt und umgestaltet werden.
2. Schutz von Bestandsgrün wichtiger als Baupläne.
Bei der Einreichung von Bauplänen ist Altbestand von Bäumen und wertvoller Heckenbestand zu schützen. Ggf. müssen die Pläne umgearbeitet werden. Bei Ersatzpflanzungen von Bäumen sollen so viele klimaresistente Jungbäume gepflanzt werden, dass sie eine mindestens gleichwertige CO2-Bilanz erreichen wie der Altbestand und zwar in örtlicher Nähe zum vorherigen Altbestand. Ggf. kann durch die Dach- und Fassadenbegrünung ein Teil des Altbestandes bis maximal 50 % der CO2-Bilanz kompensiert werden. Die Baumschutzverordnung muss zwingend durchgesetzt werden, eine regelmäßige Kontrolle von Baustellen bzgl. des Schutzes der Bäume und Sträucher hat zu erfolgen.
3. Die Stadt Augsburg soll auf keinerlei von ihr bewirtschafteten Grünflächen (Grünanlagen, Waldbesitz) irgendwelche gentechnisch veränderten Pflanzen einsetzen.
Das Leitbild soll eine gentechnikfreie Region Augsburg sein, und das soll auch für die Beschaffung von Lebensmitteln in städtischen Betrieben und Ausschreibungen gelten.
4. Biologisches Gärtnern soll städtische Leitlinie werden.
In vorderster Linie gehört dazu der Verzicht auf benzinbetriebene Rasenmäher sowie Laubbläser aus Gründen von Lärmschutz, Emissionsbelastung, Gesundheitsschutz durch die Vermeidung von Schimmelpilz-Aufwirbelung und Schutz von Mikroorganismen. Regelmäßige Aufklärungskampagnen bzgl. der Laubbläser sollen vor allem gegenüber Hausmeisterdiensten erfolgen. Die Stadt als Anteilseignerin der Lokalbahn hat dafür zu sorgen, dass im Bereich der Lokalbahn kein Glyphosat oder andere Vollherbizide eingesetzt werden. Düngung soll nur auf ökologischer Basis geschehen. Die Bodenqualität ist zu verbessern und Verdichtung zu vermeiden.
5. Parks sollen tendenziell einen gärtnerischen Aspekt bekommen.
Durch Pflanzung von Obstbäumen in Parkanlagen in Verbindung mit Bildungsangeboten soll der Nutzwert erhöht werden. Pädagogisch begleitete Erlebnisgärten können an den Umgang mit Pflanzen, Gemüse und Wasser heranführen. Die fachgerechte Pflege soll durch das AGNF erfolgen, dementsprechend sind dort die Stellen aufzustocken. Der Kräutergarten soll Außenstellen in jedem Stadtteil bekommen. Lebensräume für Tiere sind zu schaffen und mit einer entsprechenden Aufklärungskampagne zu begleiten.
6. Es soll eine weitere Stelle am Amt für Grünordnung geschaffen werden, die die Koordination „Grüne Stadt“ übernimmt und neue Ideen zusammen mit der Bürgerschaft entwickelt.
Temporär freie städtische Flächen sollen über die Koordinationsstelle gezielt für mobiles Gärtnern zur Verfügung gestellt werden. Ebenso kann die Bepflanzung von Straßenbegleitgrün ohne hohen bürokratischen Aufwand von dieser Stelle initiiert und koordiniert werden. Die bisherige Vernetzung und gute Zusammenarbeit von privaten und öffentlichen Akteuren, also Gemeinschaftsgärten, Botanischer Garten/Amt für Grünordnung kann durch eine weitere Stelle ausgebaut werden. Das Ziel ist, neue Projekte zu entwickeln und Ideen auszuprobieren. Die gezielte Suche von (auch temporär nutzbaren) Flächen zur gärtnerischen Nutzung und die Entwicklung von Bildungsangeboten zur Garten- und Balkonbegrünung sowie Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit gehören dazu. Die gute Zusammenarbeit mit dem Landschaftspflegeverband soll stärker finanziell und personell gefördert werden, der Bau des Umweltbildungszentrums hat oberste Priorität bei den neuen Bauprojekten, so dass im Sommer 2022 die Einweihung stattfinden kann. Projekte in Schulen und Kindergärten sollen gezielt gefördert werden. Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Schulreferat anzustreben. Ebenso sind aber Projekte in Kooperation mit städtischen Altersheimen denkbar – Gärtnern ist eine sinnstiftende Tätigkeit, die nicht an Altersgrenzen gebunden ist. Eine digitale Pflanzenbörse soll ermöglichen, dass Pflanzen und andere wertvolle Ressourcen wie Astschnitt oder Erdaushub angeboten werden, so dass diese nicht vernichtet, sondern dem biologischen Kreislauf wieder zugeführt werden können. Es soll referatsübergreifend bei der Möglichkeit der Nutzung von Flächen zusammengearbeitet werden. Die Förderung zum Aufbau von Gemeinschaftsgärten in jedem Stadtteil soll (wie z.B. in Hannover) über mindestens eine halbe Stelle ermöglicht werden.
7. Das Grünordnungsamt führt einmal im Jahr eine Aktion durch, bei der an einem zentralen Punkt im Quartier Erde für Balkonbepflanzungen angeliefert wird.
Über die in Punkt 6 genannte Koordinationsstellen wird organisiert, dass z.B. ältere und weniger mobile Menschen Erde für ihren Privatbalkon erhalten und somit die Fassadenbegrünung im Kleinen stattfinden kann. Autochtones Saatgut mit insektenfreundlichen Mischungen für den Balkon und Privatgarten soll an öffentlichen Stellen und Behörden gegen einen Unkostenbeitrag erhältlich sein.
Ganz grundsätzlich gilt: Die Zukunftsleitlinien der Stadt Augsburg sind vollumfänglich umzusetzen.